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Apotheken-Streik: Deshalb schließen auch Berrit und Uwe Kühl aus Lägerdorf

  • Lägerdorf
Foto: Joachim Möller

Von Joachim Möller | SHZ | 14.10.2022,

Nahezu alle Apotheken aus dem Kreis Steinburg machen am 19. Oktober ab 12 Uhr ihre Türen dicht. Nur Notdienstapotheken sind weiter erreichbar. Die Protestgründe sind vielfältig.

Auslöser der Aktion, die in vier Bundesländern geplant ist, ist ein geplantes Gesetz, mit dem das Finanzloch in Höhe von 17 Milliarden Euro, das den gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) im kommenden Jahr droht, gestopft werden soll.

Für dieses GKV-Finanzstabilisierungsgesetz, über das der Bundestag am 20. Oktober abstimmen wird, sollen auch die Apotheken Sparbeiträge leisten. Und zwar soll der Rabatt, den die Apotheken seit 2007 den Krankenkassen auf verschreibungspflichtige Medikamente gewähren müssen, steigen. „Der Abschlag liegt derzeit bei 1,77 Euro pro Arzneimittel und soll auf 2 Euro erhöht werden“, sagt Kreisapothekerin Berrit Kühl, die zusammen mit ihrem Mann Uwe, in dessen Händen die kaufmännische Leitung liegt, die Sonnenapotheke in Lägerdorf betreibt. Für eine Durchschnitts-Apotheke, die jährlich 34.000 verschreibungspflichtige Medikamente abgibt, bedeutet dies einen Gewinnrückgang um 6500 Euro, heißt es dazu in einer Mitteilung der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände.

Diese zusätzlichg finanzielle Belastung hat jetzt das Fass zum Überlaufen gebracht.“ Uwe Kühl, Kaufmännischeg Leitung Sonnenapotheke

Die Sparpläne der Bundesregierung gehen ans Eingemachte: Jede vierte Apotheke im Land fürchtet nach einer Verbandsumfrage um ihre Existenz. Die Gründe sind vielfältig. Unter anderem liegt dies am jahrelangen Vergütungsstillstand bei verschreibungspflichtige Arzneimitteln. Der Fixzuschlag sei seit 2003 nur einmal gestiegen, so Uwe Kühl. Auf der anderen Seite seien aber die Aufwendungen immer größer geworden: Der Lägerdorfer nennt hier erhöhte Personalkosten, Inflation und Preisexplosionen bei Energie und Mieten. Hinzu kämen neue, von staatlicher Seite verordnete Aufgaben, die nicht honoriert würden. Berrit Kühl:

„In der Pandemie wurden Apotheker noch gefeiert, jetzt bekommen wir die Ohrfeigen.“ Berrit Kühl, Apothekerin

Das Lägerdorfer Ehepaar fürchtet, dass bei weiteren Apotheken-Schließungen (zurzeit gibt es rund 18.000 in Deutschland) die Versorgung gerade in ländlichen Gebieten nicht mehr ausreichend gewährleistet werden kann. Schon jetzt kommen in Deutschland auf 100.000 Einwohner nur 22 Apotheken, europaweit sind es jedoch 32. Berrit Kühl weist auch auf die soziale Komponente hin, die Apotheken mittlerweile eingenommen hätten. Die Betriebe, gerade im ländlichen Raum, seien Anlaufpunkte für die Menschen, die Gesprächsbedarf hätten.

Uwe Kühl rechnet vor, dass der Anteil der Apotheken an den Gesamtausgaben der gesetzlichen Krankenversicherungen von 2005 bis 2021 von 2,8 auf 1,9 Prozent zurückgegangen sei. Er betrage damit weniger als die Hälfte der Verwaltungsausgaben der Krankenkassen (4,1 Prozent). „Wenn finanzielle Ressourcen benötigt werden, sollte man auch einmal an diese hohen Verwaltungsausgaben denken“, sagt Uwe Kühl.

Die Apotheker fordern ein Umdenken der Politik. Für sie ist die Grenze der Belastbarkeit erreicht. Die Politiker müssten dafür sorgen, dass Apotheken in Zukunft attraktive Arbeitsorte bleiben und der Trend zu immer mehr Betriebsschließungen umkehrt werde.

Aber trotz aller Hemmnisse und Hindernisse: „Ich habe nach viel vor viel Spaß an meiner Arbeit“, sagt Berrit Kühl. Es sei nie langweilig, man lerne viele Menschen kennen und die Reaktion der Kunden auf gute Gespräche und Beratungen entschärfen vieles.“

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